Bye bye Shanghai – 拜拜上海!

Es ist soweit. Unsere Shanghai-Zeit ist vorbei. Bald geht unser vorerst letzter Flug ab Shanghai. Mehr als zwei Jahre scheinen mal im Flug, mal im Schneckentempo vorübergegangen zu sein.

Was wir vermissen werden:

  • An erster Stelle, klar, Freunde und Bekannte. Die Menschen, die uns hier lieb geworden sind, mit denen wir all die Absurditäten des Alltags weglachen konnten und die uns den Aufenthalt versüßt haben.
  • Unsere Wohnung. Trotz Stress mit den Nachbarn, Entfernung von Bädern, Türen, die nicht schliessen und ungebetenen Mitbewohnern (Skittles) war unsere Bude immer ein Ort der Erholung und der Gemütlichkeit. Hoffentlich finden wir etwas ähnlich Gutes im nächsten Land.
  • Die tanzenden Ayis (Tanten, ältere Damen) in unserem Hof, in Parks und wo sich freie 20qm Platz finden. Auch wenn die leiernde Musik mitunter etwas nervend sein kann, die Hingabe und Lebenslust, die aus dieser überall sichtbaren simplen Aktivität spricht, hat zumindest mich (A) von Anfang an fasziniert und begeistert.
  • Freizeit am West Bund. Wenn die Luft gut genug war, sind wir sommers gern zum Ufer des Huangpu River geradelt oder gefahren, um dort beim Joggen, Picknicken, Bouldern oder Slacklinen ein bisschen Urlaubsfeeling zu erleben.‌
  • The Hawk – ein Christian und mir lieb gewordener Zeitgenosse, der jeden Morgen mit seinem an Karosserie und Windschutz mehrfach geflickten Motorrad vor unserem Metro-Eingang steht und auf Beute lauert. Die Beute besteht aus Fahrgästen, die seine Dienste für Kurzstrecken unter 2km in Anspruch nehmen. Wegen seiner konstanten Lauerstellung haben wir ihn the Hawk – den Habicht – bespitznamt.
  • ‌Die wahnsinnig beladenen Gefährte auf Shanghais Straßen. Immer wieder bewundernswert, wie die Bepacker den Kampf gegen Schwerkraft und andere physikalische Regeln aufnehmen und gewinnen. Hochstapler Nr 1: Styropor-Sammler
  • Die günstige und zuverlässige Art, sich fortzubewegen. Obwohl Metrofahrten nicht immer einen Genuss darstellen, das Netz ist sehr preiswert, hervorragend ausgebaut und extrem zuverlässig. Beinahe ebenso zuverlässig findet man ein freies Taxi, sobald man sich auf die Straße stellt und winkt. Der Fahrstil kann zwar die Nerven strapazieren, aber man kommt meistens zügig und vor allem günstig von A nach B.
  • Der unkonventionelle Fahrstil und Umgang mit Regeln.
  • Die Freiheit, entweder für 5 oder für 50 Euro essen  zu gehen – in zwei nebeneinander liegenden Restaurants.
  • Meinen (Annikas) Job. Bisher der beste, den ich hatte. Der Redakteursjob hat meistens Spaß gemacht und war “genau mein Ding”.
  • Massagen. Sich ab und an für gar nicht viel Geld durchkneten zu lassen. 300m von unserer Haustür.
  • “I am Tailor”. Gegenüber unseres Compounds baut die Dame täglich ihre Nähmaschine und ihr Schild mit der schlichten Ansage “I am Tailor” auf dem Trottoir auf und flickt fröhlich fast alle Kleidungsstücke, die wir ihr bringen.
  • Der Verwertungsgrad. Täglich bestreiten tausende Chinesen in Shanghai ihren Lebensunterhalt damit, Müll zu sortieren und Brauchbares rauszuholen. Dabei hat jeder eine Spezialisierung. Papier, Kunststoff, Flaschen, Holz, Styropor.
  • Dass Frauen in typischen ‘Männerjobs’ arbeiten. Auf der Baustelle. Im Bus, im Taxi. Bei der Polizei.
  • Escape Games. Regelmäßige Besuche haben wenig Besserung gebracht, der Spaß ist dennoch geblieben.
  • Bars, Bars, Bars. Riesige Auswahl und hier und da ist noch ein Club dabei.
  • Comedy, Theater-Abende und selten Konzerte. Ein bisschen westliches Kulturprogramm in Englisch gab’s also doch.
  • Unsere Reisen. Auf Achse sein und andere Ecken Chinas sehen. Unser Favorit: Yunnan.
  • Unsere Bäckerei ‘Baker & Spice’ um die Ecke hat uns unser beliebtes Abendbrot gesichert. Um den Belag hat sich oft der gut sortierte Garagenladen der Avocado Lady gekümmert.

Was wir nicht vermissen werden:

  • Die Gerüche, insbesondere Kanalisationsgerüche, Mundgerüche und Stinky Tofu.
  • Die täglichen Schiebereien, Drückereien und Beschimpfungen in der U-Bahn.
  • Die Luft. Mehr muss nicht gesagt werden.
  • Die Reaktionen unserer Körper auf die Umweltherausforderungen in China.
  • Das Horror Hospital. Eine Freizeitattraktion, bei der wir uns schier die Hosen voll gemacht haben. Zu gut gemacht!
  • Spuckereien auf dem Gehweg und Chinesen, die denken, sie müssten ihren Abfall einfach fallen lassen, wo sie stehen und gehen.
  • Beton. Beton. Beton. Der Inbegriff chinesischen Größenwahns.
  • Internetzensur und jede Woche Nachrichten lesen zu müssen, welche Menschenrechtler und Andersdenkende eingesperrt wurden.
  • Den Umgang der Chinesen mit Tieren, insbesondere denen, die der Ernährung dienen aber auch denen, die als Haustier herhalten müssen. Oft zum Heulen. Shame on China.
  • Die bekloppten Visa-Regeln, die dafür sorgten, dass Christian Annika beim Umzug im Stich lassen musste.

In diesem Sinne: bye bye Shanghai –

and hello Tokyo!