Alles, was kawaii ist

かわいい – süß, liebenswert, bezaubernd, niedlich, sexy – kawaii in Japan ist mehr als die Summe seiner Übersetzungen. Kawaii ist eine Kulturpraxis. Kleine Kinder, Kleidungsstücke, Kirschblüten, Käfer, Kätzchen, Klebebildchen, Roboter … Eigentlich kann alles kawaii sein, was mit genug Zuckerguss, Farbe oder Kindchenschema versehen ist. Klar, denkt Ihr, bei uns zieht auch alles, was irgendwie süß ist. Aber Japan ist auch in dieser Hinsicht noch ein wenig konsequenter.

In der japanischen Popkultur gibt es viele Kawaii-Idole. Japanische Mädchen pflegen gerne die “kawaii Lolita-Mode”, eine Mischung aus viktorianischer und Rokoko-Mode, kombiniert mit Gothic-Elementen, die an Porzellanpuppen-Ästhetik erinnert. Auch bei Erwachsenen sieht man mitunter ein ähnlich puppenhaftes Styling, wenn auch meistens nicht so pastellig bunt.

In sogenannten Maid Cafés fungieren Kellnerinnen in Dienstmädchenkostümen als Dienerinnen und behandeln Kunden wie ihre Meister statt wie Caféhausgäste.

Japanische Comics mit vielen Farben, großen Augen und kindlichen Proportionen heißen Kawaii-Mangas.

Die japanischen High-Tech-Helfer-Roboter müssen natürlich auch kawaii sein.

In der Bahn warnt ein kawaii Häschen davor, dir nicht die Finger einzuklemmen, Straßensperrungen werden ganz unironisch durch niedliche Pinguine aufgelockert. Sogar die Nierentabletten, die nach zuviel Alkoholgenuß Abhilfe verschaffen sollen, werben mit süßen Figürchen.

Das Besondere an kawaii in Japan ist seine Allgegenwart. Die Kawaii-Begeisterung macht keinen Halt vor Altersgruppen, Gesellschaftsschichten, Geschlechtern. Natürlich laufen hier nicht überall rosafarbene puppenhaft gestylte junge Mädchen rum und man wird auch nicht in jedem Laden von Bärchen-Maskottchen begrüßt, aber 60-jährige mit Hello-Kitty-Accessoires sind keine Sonderlinge und auch 14-jährige Jungs oder 70-jährige Rentner dürfen entzückt “kawaii” rufen, wenn sie zum Beispiel unsere Tochter erspähen. A bissl kawaii geht immer. Zumindest in Japan.

Hanami

Hanami (花見) heißt wörtlich Blumengucken. Jedes Jahr von Ende März bis Ende April fiebert Japan auf die Kirschblüte hin. Das nationale Wetterbüro veröffentlicht jedes Jahr eine Blühvorhersage der “Kirschblütenfront”.

Februar ist der kälteste Monat im Jahr. Wenn die Tage endlich wieder wärmer werden und sich die ersten zarten Vorboten der erwachenden Natur zeigen, kann man richtig zuhören, wie ein Stoßseufzer der Erleichterung durch die Bevölkerung geht. Und sehen kann man es auch. An den prall gefüllten Tokioter Parks, die lauter Menschen bei den Hanami-Partys zeigen. Dabei setzen sich die Leute auf blauen Plastikplanen unter die blühenden Bäume, picknicken, trinken und fotografieren sich dabei. Bis auf die unzähligen Terrabytes an überflüssigen Fotos eine Spitzenidee.

Plötzlich berühmt: Lotte auf Bali

Urlaub. Lechz. Jaa. Zweieinhalb Wochen Bali. Hier der Abriss

27.12. Anreise

Unser Direktflug geht vom weit entfernten Narita Flughafen. Da heisst es früh aufstehen (4:45h), die schlafende Lotte wird in Bettdecken gehüllt ins Auto geschafft. Nerv: Flug hat 4 Stunden Verspätung, doch es gibt eine ganz nette Spiel-, Still- und Wickelecke direkt neben unserem Gate.
Bali empfängt uns erwartungsgemäß warm und schwül. Lotte verträgt alles und macht fröhlich mit.

Unser Taxifahrer gibt uns die neuesten und sichersten Infos zum Vulkan Agung, der kürzlich Furore machte. “Alles kein Problem, solange wir vom Krater weg bleiben”. Mehr müssen wir nicht wissen, und kümmern den Rest des Urlaubs nicht mehr um diese Naturgewalt.

28.12. Drei Tage Kuta – Eintauchen, Trubel, Körperpflegen

Keiner würde Kuta Beach für Familien empfehlen, doch Christian plant eine Zahnreperatur und deswegen gastieren wir zentral. Der Stadtteil ist beruechtigt bei australischen Feier-Touristen, der absolute Moloch, aber quirlig und mit einer Menge netter Restaurants. Das erste leckere Bintang Bier wird geschlürft, es sollte nicht das letzte Bleiben. Gibt es übrigens auch alkoholfrei und als Radler (mit genau diesem Namen)!
Ein kurzer Ausflug zum Strand. Betagte Strandverkaeuferinnen bieten wie ihre Dienste feil und umzingeln uns als wären wir die einzigen Touristen – dabei wollten wir bloß Limo trinken und aufs Meer sehen. Am Ende gehen zwei Nackenmassagen und zwei Armbänder auf unser Konto. Christian werden zudem mehr oder weniger gegen seinen Willen die Fußnägel geschnitten und lackiert, sowie mit einer Papierschere die schöne Zehenbehaarung massakriert. Lotte bekommt kostenlos ihre Füße von uns ins dreckige Meer gehalten. Ihr gefällt’s.

Die Balinesen zeigen sich aeusserst aufgeschlossen Lotte gegenüber. Ob Mann, ob Frau – alle haben einen besonderen Move, um sie zum Lachen zu bringen. Das Interesse freut uns zunächst, nach dem hundersten Mal “How old?, Boy or Girl?, What’s her name?” wird’s für uns zur Belastungsprobe. Ausserdem wollen alle Anfassen, schwierig unsere Hygieneideen zur Verwirklichen.

Wir ändern unsere Pläne und wollen nicht für Neujahr in Kuta bleiben. Kein Problem, denn überall lungern willige Fuhrunternehmer, die einen für kleines Geld überall hinkutschierten wollen. Unser Ziel Ubud.

30. Dezember – Zwei Tage Ubud – Silvester, Kultur und Kühle
Alles auf Bali ist nicht weit weg, doch Stau und schlechte Routenplanung kann manche Tour anstrengend machen. So unsere Fahrt nach Ubud, wo wir Silvester verbringen wollen. Sei’s drum wir haben eine tolle Unterkunft inmitten eines immergrünen Gartens, wo sogar ein Flughund wohnt!

Unweit von unserer Bleibe wird am Abend der berühmte Legong Tanz aufgeführt. In einem einstündigen Spektakel erfahren wir wie ein Monster und ein Frosch um eine schöne Prinzessin werben und das Monster gewinnt (jedenfalls haben wir es so interpretiert). Wir fanden es toll und ein heftiger Regen (Regenzeit) hat noch zur Atmosphäre beigetragen!

Wir kommen nicht gross aus Ubud raus, aber die Stadt gefaellt uns. Wir besichtigen einen Tempel und stöbern durch diverse balinesische Kunsthandwerkgeschaefte. Dabei sehen wir tolle Holzmöbel und wünschten der Transport wäre einfacher und könnten das ein oder andere Teil mit nach Hause nehmen.

An Silvester entschleunigen wir extrem: Lotte schläft um 20 Uhr bereits ein und wir sind an unsere Unterkunft gefesselt. Im Fernsehen gibt es den Tatort von letzter Woche und wir lassen uns aus dem Restaurant Essen auf den Balkon servieren. Die Balinesen haben keine guten Uhren und Böllern seit Vorabends. Um Mitternacht erreicht es seinen Höhepunkt und ich stosse mit Annika auf ein alkoholfreies Bintang an! Unser unspektakulärstes und gleichzeitig spektakulärstes Silvester.

1. Januar – Funf Tage Insel Gili Air – Entspannt und motorfrei am Strand

Wir sind mutig und verlassen Bali mit dem Ziel Gilis (eine Inselgruppe). Diese gehört zu Lombok und ist zwei Bootsstunden von Bali entfernt. Die Fahrt ist kürzer als das elende Geschachere, um an die Tickets zu kommen, bis alle Fahrwilligen eingesammelt sind und es endlich losgeht. Lotte is wieder schlau und knackt einfach.

Christian hingegen kämpft mit der Übelkeit – nicht wegen des Seegangs, sondern wegen des Silvesteressens vom Vortag *hrmpf*. Eine Pferdekutsche bringt und geschwind zu unserer Unterkunft, aufgrund der physischen Verfassung bleibt keine Zeit für Verhandlung, so dass wir Höchstpreise zahlen. Der Gaul oder jemand anderes furzt vor Glück.

Gili Air (Air heisst Wasser in indonesisch) gefällt uns super. Wir bewohnen ein Bungalow in Strandnähe an einem ruhigen Abschnitt. Abhängen, in überdachten Strandhütten, die Zeit verstreichen lassen, im Zimmer abkühlen, Schnorcheln und Tauchen. So vergehen die Tage schnell und wir bleiben länger als geplant.

6. Januar – Insel Lembongan – Chillen, Schlemmen

Ein Mords Schiff bringt uns auf die nächste Insel Lembongan. Das Schiff ist so gross, dass wir erst mit einem kleinen Floss raus aufs Meer gefahren werden, um dort einzusteigen. An Bord gibt es Pringels und einen Superhelden-Film, dem wir nicht folgen können. Hier ist es ein bisschen kühler als auf den Gilis und regnet bei unserer Ankunft.

Das erste Ziel ist eine Empfehlung von Lucas und Sam: Dream Beach Huts am gleichnamigen Strand. Endlich darf Annika in die ersehnten Wellen springen. Die Stimmung am Dream Beach geht in Richtung Pool Party. Das Publikum ist in der Regel ein bisschen jünger und ein bisschen hipper als wir. Nach zwei Tagen wird es so richtig ruhig um uns: Wir mieten uns in den Naturale Villas ein, wo sonst nur noch ein Gästepaar nächtigt. Poolplantschen, Mittagessenausflug zum Strand, Poolplantschen,… So lauben wir ur. Christian kann nochmal tauchen gehen und sieht neben den Mantarochen leider jede Menge Müll im Meer.

11. Januar – letzte Station mit Kunst und Krone

Nach einer stürmischen Überfahrt mit kleinem Bötchen sind wir zum Ende des Urlaubs im schicken Designer-Hotel “Artotel” in Sanur. Christian macht sich mit unserem Fahrer, der sich Gabler Cool nennt und als recht anhänglich herausstellt, nochmal auf Gebiss-Sanierungsreise. Ein Highlight des Hotels ist der Dachterassen-Pool den wir freudig nutzen. Wir erstehen noch die letzten Souvenirs und treten wehmütig die Rückreise ins 30 Grad kältere Tokio an.

Jedes Kippsche hat sei Statistiksche

Jeden Monat erhalten wir einen Bericht der Hausversammlung. Darin wird über das Erwartbare berichtet, wie zum Beispiel die Entwicklung des Stromverbrauchs und anderes Langweiliges, meistens sind die Berichte detailliert bis zur Pedanterie.

Heute aber stolperten wir über eine wirklich bemerkenswerte Statistik.

Für den Monat Oktober wurde exemplarisch dokumentiert, wie viele Zigarettenstummel pro Tag (!) im Umfeld unseres edlen Domizils gefunden wurden. Nicht nur wurde für jeden Tag die Stückzahl (!) dokumentiert, sondern auch der genaue Fundort. Am häufigsten, das ist das weiße Klötzchen, wurden Kippen im Umfeld des Erdgeschosses (heißt hier erstes Stockwerk) gefunden. Am 27. Oktober zum Beispiel gab es 12 Kippen draußen um das Erdgeschoss herum, und vier außen auf dem künstlichen Boden. Auf den Anwohnerparkplätzen und den anderen Flächen wurden im Monat Oktober keine Tabakspuren hinterlassen.
Insgesamt 246 Zigarettenstummel wurden im Oktober von irgendjemandem aufgesammelt und minutiös dokumentiert.

Japan 3.0

Dies ist unser Daruma. Daruma-Pappmache-Figuren sind beliebte Glücksbringer überall in Japan. Sie stellen einen buddhistischen Mönch dar. Die Figur hat deswegen keine Arme und Beine, weil der Mönch neun Jahre lang im Meditationssitz gesessen haben soll. Daruma schlief einmal beim Meditieren ein und soll sich über seine Nachlässigkeit so geärgert haben, dass er sich die Augenlider abschnitt. Eine weitere Eigenschaft von Daruma ist, dass er ein  Stehaufmännchen ist. Sein Unterteil ist mit einem Gewicht beschwert, damit er sich immer wieder aufrichten kann.

Damit Daruma einem einen Wunsch erfüllt, malt man zuerst ein Auge aus. Man stellt die Figur an einen Ort, an dem man möglichst oft vorbei kommt. Wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, wird das andere Auge ausgemalt. Wie Ihr seht, hat unser Daruma schon beide Augen ausgemalt. Seit Ende August erleben wir Japan 3.0 mit unserer Lotte.