Wer die Qual hat…

In unseren ersten Tagen hier müssen wir dauernd Entscheidungen treffen. Solche treffen wir im vertrauten Umfeld auch ständig, aber da erleichtert die Gewohnheit unser Handeln. Die bewährten und immer wieder getroffenen Entscheidungen sind häufig gute oder bequeme Lösungen. Manchmal waren sie das auch nur irgendwann mal, und sind jetzt eben das, was man tut, ohne darüber nachzudenken.

Hier machen wir auf jeden Fall vieles zum ersten Mal, nichts ist etabliert, nichts tun wir aus Gewohnheit. Wir versuchen bestimmte Orte zum ersten Mal zu erreichen und müssen entscheiden, ob Metro oder Taxi das bessere Transportmittel für unser Ziel sind. Wir versuchen zum ersten Mal Waschmittel zu kaufen und überlegen, ob wir uns für die teureren Weltmarken entscheiden oder für die günstigeren chinesischen Marken. Auf den chinesischen Marken steht der Produktname meistens nur auf chinesisch drauf, das heißt, es handelt sich fast immer um einen Katze-im-Sack-Kauf.

Wir müssen entscheiden, ob wir über eine vielbefahrene Straße laufen, während die Autos für unsere Begriffe völlig verrückte Manöver durchführen und man eigentlich keinem den Führerschein zutrauen möchte. Oder ob wir stattdessen einen großen Umweg in Kauf nehmen. Wir müssen entscheiden, ob die Feinstaubbelastung für unsere Lungen einen persönlichen Grenzwert erreicht und wir deswegen die leider albern aussehenden Atemmasken aufsetzen sollten.

Und eine richtig große Entscheidung müssen wir auch treffen: In welche Wohnung wir mindestens für das nächste Jahr ziehen. Wir haben gerade drei in der engeren Auswahl. Wünscht uns viel Glück! Wir halten Euch auf dem Laufenden.

Christian und Annikadecision-making-processes1

Day one…

begann für mich gleich mit Arbeit. Um 6:40 Uhr holt uns – mein Kollege wohnt im selben Hotel – ein Shuttlebus ab. Man könnte auch Privattaxi sagen, denn wir sind die einzigen Insassen und werden directement zu unserem Arbeitsplatz chauffiert. Man könnte echt meinen, wir seien super wichtig. Dass das allerdings alles nur äußerlich ist, brauch ich nicht zu erwähnen. Das Taxi braucht inklusive kurzem Stau so ca. 45 Minuten, in der Rush Hour oder am Abend kann das schnell über eine Stunde dauern. Das wird ein Jahr auf der Straße und ich muss deswegen eine gute Podcast-Strategie entwickeln.

Die Aussicht auf der Fahrt ist nicht der Rede wert, man könnte sogar deprimierend sagen. Alles sieht von der Straße grau in grau aus, außerdem sieht man wie erwartet die Luft. Dabei ist der Luftqualitätsindex noch gar nicht am oberen Anschlag. Allgemein kann man sagen, dass die Stadt ‘in’ den Straßen schöner ist, als alles oberhalb des zweiten Stockwerks.

Die erste Amtshandlung nach Ankunft besteht für den Großteil der Mitarbeiter aus dem Besuch der Kantine, um sich bei einem Frühstück für dem Tag zu stärken. Es gibt allerlei kleine unterschiedlich gefüllte Schälchen, von denen man sich nimmt, was man denkt verdauen zu können und zahlt fortschrittlich das sehr günstige Mahl per Karte. Jeder Mitarbeiter bekommt übrigens ein monatliche Essenskontigent. Als flüssige Gabe gibt es eine warme Sojamilch aus dem Bottich zum Selbstzapfen. Alles gar nicht so übel, es gibt Dinge, die sind lecker. Die Kantine wird zur Unterhaltung per Fernseher beschallt, bei uns gabs heute einen Comic – CNN fände ich besser, aber bei diesem Sender ist vielleicht der Empfang verrauscht, wer weiß…

Soviel zum ersten Einblick in mein neues Berufsleben. Gute Nacht.

Da!

Wo men hen gaoxing!

Wir sind glücklich, aber erschöpft angekommen und soweit ist alles glatt gegangen: Wir haben unser ganzes eingechecktes Gepäck wieder, wurden vom Flughafen abgeholt und sind in unserem großzügigen vorläufigen Heim gut untergebracht. Internet geht auch schon, wie ihr seht.

Die erste chinesische Mahlzeit haben wir auch hinter uns – gerade als wir dachten, sie sei vorüber, wurde Christians Hauptgang reingerollt. Dabei hatten wir uns gefreut, dass dieser vergessen wurde, weil unsere Mägen schon gut gefüllt waren. Zum Glück ist es in China üblich, die Reste mit nach Hause zu nehmen.

Zeit zu schlafen, zai jian,
Annika und Christian