Big in Tschäpän: Anni und Chrissi besuchen die Nachbarn

Sommerzeit – Urlaubszeit, Anni und Chrissi wollen auch mal abspannen. Während China den siebzigjährigen Jahrestag zur Kapitulation Japans feiert, erobern wir genau diesen Inselstaat mit dem Rucksack auf dem Rücken auf unsere Weise.

Hier unser Ratatouille an gedanklichen und fotografischen Erinnerungen:

‌1. Schläppchen-Country

Japan ist das Land der Schläppchen. Auf jeden Einwohner kommen viele hundert Paare. Das liegt daran, weil an jeder Türschwelle das Schuhwerk gewechselt wird. Also beim Eintreten in eine Wohnung, vor dem Schlafzimmer und vor der Toilette. Eine kleine Schwierigkeit besteht darin, die Schläppchen wieder in Schlüpfrichtung beim Verlassen des Schläppchenbereichs abzustellen. Natürlich geht das auch per Hand, der Connaisseur vermag es jedoch mit einem gekonnten Fußkunststück!

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2. Mülleimer-Wahnsinn

Eine tolle japanische Erfindung zur Müllvermeidung ist die Nicht-Bereitstellung von Mülleimern. Viele Kilometer mit den Taschen voller Unrat haben wir auf unserem Urlaub zurückgelegt, ohne ein geeignetes Behältnis zu finden. Mülleimer scheinen auf verstörende Weise nahezu komplett aus dem Land verbannt. Die Abfalleimerabstinenz treibt sogar solche Blüten, dass weibliche Besucher aufgefordert werden, alle (!) sanitären Abfälle wieder mit zu nehmen und anderorts zu entsorgen.

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Hat man nach langem Suchen mit viel Glück und in größeren Städten dann noch ein Plätzchen zur Abfallbeseitigung gefunden, heisst es sortieren: brennbare, nicht brennbare, Kunststoff- und Dosenabfälle werden separiert. Die Komplexität des Systems steht der deutschen Trennpraxis in nichts nach.

Eine andere Erklärung fuer den Mülleimermangel ist die Angst vor Terroranschlägen, wie der, der 1995 auf die Tokioter U-Bahn ausgeübt wurde.

3. Automaten-Pandemie

Automaten gibt es ungelogen an jeder Straßenecke von Osaka und Tokyo. Unabhängig davon, ob direkt daneben ein Kiosk ist, stehen die blinkenden Dinger ständig bereit. Sie versorgen den durstigen Kunden mit unzähligen Kaltgetränken, darunter einige Eis-Kaffeesorten, wovon wir die Geschmackvollste noch nicht gefunden haben.
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Den Automat am ungewöhnlichsten Aufstellort fanden wir in einer Berghütte auf über 2000m. Immerhin ist man dem Wirt keine Rechenschaft schuldig, wenn man schon wieder Bier kauft ;-)

Einen seltsamen Bezahlautomat haben wir bei einem Friseurbesuch benutzt. Man bezahlt einen Einheitspreis (glaube geschlechterspezifisch), bekommt einen Bon und geht damit zum Friseur. Vielleicht ist das Mißtrauen gegenüber der Belegschaft zu hoch?! – Wir finden’s quatsch.

4. Knoff-Hoff

Die Japaner sind allgemein für ihre Technikversessenheit bekannt, dieses Klischee können wir nun voll nachvollziehen. Zum Teil fühlt man sich an die Oma erinnert, die im Hühnerstall Motorrad fährt und einen Nachttopf mit Beleuchtung ihr eigen nennt. Hier ein paar Beispiele:

  • Die Taxitür öffnet automatisch. Bitte nicht per Hand bedienen.
  • Der Seifenspender muss nicht gedrückt werden, er spuckt bei Näherung Schaum.
  • Das Waschbecken hat ein integriertes Händetrockensystem. Hände nach vorne links: Seife. Hand nach vorne rechts: Wasser, Hand nach hinten Luft.
  • Die Toilettensitze kennen die meisten schon. Heizung und Wasserdusche sind Standard. Als Extra gesehen: Musikeinspielung und auch mit Fernbedienung (sonst am Sitz montiert).
  • Man erzählte uns zudem von Kühlschränken mit Vakuum-Fach und unterschiedlichen Temperaturzonen. Es soll Bekannte geben, die sich auf ihrem Japan-Urlaub stundenlang in Elektronik-Kaufhäusern rumdrücken, um zu erkunden was der letzte Schrei im Techniksektor ist.
  • Nicht High-Tech, aber so brilliant weil naheliegend: Auf dem Toilettenspülkasten ist ein direkt ein einfaches Waschbecken integriert. Läuft das Wasser nach dem Spülvorgang nach, kommt es aus dem Hahn und man kann sich sofort darunter die Händewaschen.
  • Auch gut: unterschiedlich tief hängende Halte-Griffe in der U-Bahn bedeutet keine Diskriminierung von Großwüchsigen.

5. First Safety Country

Japaner sind auf Sicherheit bedacht. An vielen Orten werden Vorkehrungen getroffen, um Unfälle zu vermeiden. Soweit so gut. Manchmal wirkt das allerdings etwas übertrieben und pedantisch und man fragt sich, ob man von einem erwachsenen Menschen nicht mehr eigenständige Vorsicht erwarten kann.

Die Krönung im Stadtbild sind Sicherheitsbeauftrage die dafür Sorge tragen, dass Baustellen oder Einfahrten auch wirklich sicher sind. Mit Lichtschwertern bedeuten sie den Verkehrsteilnehmern, zu warten oder ihre Reise fortzusetzen. Wir beobachteten einen Bauarbeiter, der ein Rohr über die Straße trug.  Tatsächlich befand sich an beiden Enden ein Lichtschwertkämpfer, um diese gefährliche Situation zu entschärfen. *Puh*.image

Weitere Sicherheitsfeatures:

  • Die Aufzüge haben neben der üblichen Störungsanzeigen auch eine für Erdbeben.
  • Die Feuerlöscheinrichtungen in Hotels sind durch ein stets leuchtendes Licht extra deutlich gekennzeichnet.
  • Beim Halt auf einer ebenen Raststätte legt der Fahrer des Reisebusses Keile gegen Abrollen unter die Räder.
  • Auf öffentlichen Toiletten gibt es für Bedürfnishabende mit Kleinkind einen ausklappbaren Kindersitz.

Besuch, Besuch, Besuch!

Die Sommermonate bescheren uns den Luxus, gleich zweimal Besuch hier in Shanghai empfangen zu dürfen. Meine Schwester Tina und ihr Freund Lothar sind schon wieder zurück im idyllischen Berlin.
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Wenn ich Besuchern das inzwischen Gewohnte zeige, sehe ich alles nochmal mit neuen Augen. Es fällt mir wieder auf, wie laut die Leute sind und wie viele! Die beiden haben weitgehend auf eigene Faust Shanghai erkundet und wir haben gemeinsam ein paar Ausflüge gemacht, eine Wandertour mit unserer Outdoorgruppe und die Kaiserstadt Xi’an mit Terrakotta-Armee und Wandern in den nahen Bergen.

Selbst nach ein paar Tagen Shanghai war für die beiden nachvollziehbar, wie wichtig es für uns geworden ist, regelmäßig Natur zu tanken – auch wenn es unter chinesischen Umständen ist, d.h. mit Menschenmassen und Treppenstufen (für Stöckelschuhe etc.).
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Nach dem Besuch ist vor dem Besuch: Wir freuen uns jetzt auf Wendelin und Helga!

Borneolisches im Jänner

“Was? Waren die Lumpen schon wieder Urlaub?”, mag sich manch’ einer fragen. Die Antwort ist: Jepp, denn wir haben über Weihnachten geschuftet wie die Berserker und durften die Früchte ebendieser Arbeit im Januar geniessen.

Jeglichen Warnungen¹ zum Trotz lautete unser Urlaubsziel: Borneo, genauer gesagt Sabah auf dem malaysischen Teil der Insel. Unser Flug (nur 20 Passagiere: einsteigen, lang machen) führte uns nach Kota Kinabalu². Bei diesem Namen kommt mir zwangsläufig immer der Song “if you like Pina Coladas..” ins Ohr. Dämlich, sorry. Aber der Song ist gut.

Kota Kinabalu ist eine nette überschaubare Stadt. Die tropischen Temperaturen und die saubere Luft stimmten uns gleich positiv. Der Nachtmarkt hält einige lecker zubereitete Meeresbewohner zum Verzehr vor. Auch frische Säfte, Pubs mit Livemusik und das ein oder andere kühle Bier kamen nicht schlecht bei uns an.

Wie immer nach einem Nachtflug sehnten wir uns nach nichts anderem als einer ebenen Liegefläche. Leider Fehlanzeige – das gebuchte Zimmer war noch belegt. Ein Topidee kam auf und kurze Zeit später brausten wir verschwitzt und nur mit Handgepäck auf die vorgelagerte Insel Sapi. Wir waren direkt im Urlaub. Sandstrand, Schnorchel- und Tauchbetrieb und so nebenbei Riesenechsen(!).

Wie wir nachlesen, ist diese Insel tatsächlich für ihre Waran-Population bekannt. Wir dagegen sind mehr oder weniger in die Biester, die bis zu 50kg schwer werden können, rein gerannt. Es gab keine Verletzten. Wohl aber einen finanziellen Verlust, denn auf der Inseltoilette (deja vue und Gruß an Bastue) wurden wir um einen Großteil unserer Barabhebung gebracht. Tathergang: Portmonaie vergessen und ausgeplündert wiedergefunden. Merde! Wir lassen uns davon die schlechte Laune nicht verderben. “Lebbe geht weider”, hat man dazu vor ein paar Jahren im Hessenland gesagt.

Am folgenden Tag zurrten wir unseren Trip zurecht. Wir kamen wie immer ungeplant und mussten feststellen, dass in Borneo einiges nur mit Buchen von Reisepaketen und Beschaffen von streng limitierten Berechtigungen (zum Bergsteigen und Tauchen), etc. funktioniert.

Unsere erste Station war eine zweitägige Wanderung auf den Mount Kinabalu (4095m, höchster Berg Borneos).  Diese hat uns ganz schön unsere Grenzen aufgezeigt. Wir erreichten den Gipfel nach rund 2400 Höhenmetern erschöpft und frierend morgens um 5:30 Uhr. Eigentlich, um die Sonne aufgehen zu sehen. Nach 5 Minuten war es klar, dass die Wolken die Regie übernommen hatten und wir ganz andere Sorgen als einen romantischen Sonnenaufgang hatten: Der Nieselregen ging langsam aber sicher in einen eisigen Schauer über, der den Abstieg auf dem glatten Gestein nicht einfacher gestaltete.

Kleine Bergkritik an dieser Stelle: Die Planer hätten gut daran getan, sich etwas mehr Gedanken zur Wegführung des “Summit Trails” zu machen. In direkter Linie zum Gipfel mit 30% Treppenanteil ist nicht unbedingt das, was wir unter einem tollen Wanderweg verstehen.

Sei’s drum: wir kamen glücklich, zufrieden und froh um die körperliche Ertüchtigung von der Tour zurück. Unsere Wunden leckten wir uns daraufhin in Sepilok, einer kleinen Enklave inmitten der nicht enden wollenden Palmöl-Plantagen Borneos (ein grosses Problem für die Tierwelt).

Touristenmagnet Nummer eins ist in Sepilok das Orang-Utan Rehabilitationscenter, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, hilfsbedürftige Zeitgenossen aufzupeppeln und anschliessend auszuwildern. Wir durften ein paar Exemplare dieser faszinierenden Spezies bei einer Zufütterung bewundern. Fazit: Von den Kletterfertigkeiten dürfen wir uns gerne einiges abschauen!

Daneben gibt es noch ein Schutzgebiet für die endemischen Nasenaffen. Dank der frappierenden Ähnlichkeit zu ihnen bin ich immer wieder in den Fokus schnappschussjagender Touristen geraten. Diese Kerle sind einfach zu cool. Aufgrund ihrer Diät (nur Blattkost) verfügen sie über einen ähnlichen Verdauungsapparat wie Kühe. Der dicke Bauch, das orangene Haar und die der Verdauung geschuldeten Flatulenzen hat ihnen zudem den Beinamen “Dutch Monkey” eingebracht. Wie mögen wohl unsere niederländischen Nachbarn darüber denken?!

Es darf erwähnt werden, dass Januar ein Monat der Regenzeit in den Tropen ist. Immer wieder wurden wir daher Opfer zum Teil starker Regenfälle (natürlich bei angenehmen Temperaturen). Der Höhepunkt war die Überflutung der Zufahrt zu unserem Gasthaus, wodurch wir gezwungen wurden, im wadentiefen Wasser zur nächsten Busstation zu laufen.

Unsere letzte Reisestation befand sich im südöstlichsten Teil Borneos. Die Region ist bekannt für das Artenreichtum im Unterwasserschutzgebiet um die Insel von Sipandan. Die geographischen Gegebenheiten (Vulkanischer Ursprung, Steilwände mit einer Tiefe bis zu 2km) sorgt dafür, dass sich das maritime Leben dort ein Stelldichein gibt. Darunter befinden sich verschiedene Arten von Haien, Barrakudas, Seeschildkröten und und und.

Wir nisteten uns für fünf Tage im Tauchressort “Scuba Junkie” auf der Nachbarinsel Mabul ein und fröhnten in vollen Zügen dem Tauchsport. Das komplette Arrangement ist wirklich gut durchdacht und optimiert darauf, soviel Zeit wie möglich unter Wasser zu verbringen (fühlen uns mittlerweile schon wie gewiefte Seegurken). Der Spass kam auch Dank der vielen netten Leute, die wir dort kennenlernten und der ein oder anderen geschmuggelten Flasche Feuerwasser, nicht zu kurz.

Etwas surrealistisch ist das ganze Szenario dennoch. Zahlreiche Ressorts wie unseres teilen sich die Insel mit dem ärmlichen halbsesshaften Insulanern. Von den Einheimischen werden sie auch “sea gypsies” (Seezigeuner) genannt und die auf Pfählen im Flachwasser stehenden Behausungen unterstreichen den Eindruck, dass es sich nicht um langfristige Wohnorte handelt. Die Mehrzahl der Insulaner sind übrigens Kinder. Wenn es eine Haupteinnahmequelle gibt, muss dies der Fischfang sein. Trotz der großen Diskrepanz der Lebenswelten scheint das Zusammenleben harmonisch, zumindest konnten wir nichts gegenteiliges feststellen.

Wegen der Kidnapping-Fälle, illegaler Immigration und des Disputs um Hoheitsrechte wird die Insel, wie eigentlich die ganze Region, von der malaysischen Armee bewacht. Am Abend patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten den Strand. Bei Anlanden auf kleinen offiziell unbewohnten Inseln bei unseren Tauchgängen, schauten wir des Öfteren in die Mündung von freundlich gesinnten Maschinengewehren. Wir verstanden das alles zu unserem Schutz und fühlten uns in der Tat sicher, trotzdem stimmt es uns immer wieder nachdenklich, in welchem Paradies wir wohl gelandet waren.

Einen spottbilligen Inlandsflug später waren wir wieder in KK und auf dem Rückweg nach China. Und so endete unser Urlaub nach tollen zwei Wochen in einem schönen abwechslungsreichen Land voll sauberer Luft, einer Multikulti-Bevölkerung, die uns auf Englisch versteht, freiem und schnellem Internet. Borneo – jederzeit wieder!

Fussnoten:

¹Die Warnungen im Einzelnen:
a) Da gibt’s doch kein Bier! (da muslimisch geprägt);
b) Seid ihr sicher, mit Malaysian Airlines zu fliegen? (zwei Abstürze in 2014);
c) Keine Angst vor Touri-Kidnapping? (mehrere in 2014).

²Zur Zeit der brit. Kolonialherrschaft hieß KK, wie die Einheimischen die Stadt dieser Tage nennen, übrigens Jesselton.

Langes Wochenende voraus!

Am Montag ist in China Gräberputztag und damit steht ein langes Wochenende vor der Tür. Als Ausgleich, dass Annika sich derzeit in schönen deutschen Landen drollt, habe ich Strohwitwer einen Trip ins südchinesische Guilin bzw. Yangshou geplant. Der geneigte Leser erinnert sich vielleicht, dass wir im Frühjahr schon einmal dort waren. Dieses Mal bringe ich allerdings meine Kletterausrüstung mit, denn es gibt wunderbare Felsen dort!

Mit diesem Verein werde ich unterwegs sein:
http://blackrockclimbing.net/

Soviel derzeit von einer Sitzbank im Terminal 2, Shanghai Pudong Airport.

Euch ein gesegnetes Wochenende!