Let’s go for a walk…

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Die Luftqualität erreicht heute in Shanghai historische Bestwerte, zumindest was unseren Aufenthalt hier angeht. Normalerweise pendelt der AQI-Tacho (Air Quality Index) so zwischen 50 und 200 in den Sommermonaten, wobei alles unter 100 schon zu Freudentaumel führt.
Grund der Besserung: Der Typhoon Fung-Wong sucht derzeit die Ostküste Chinas heim und bringt neben einer tüchtigen Brise auch viel Regen mit. Im Vergleich  zu anderen Provinzen ist Shanghai nur moderat betroffen. Annika und ich haben gestern abend schon die Gelegenheit für eine Joggingrunde genutzt. Es ist absurd, aber Regenwetter ist für uns Sportwetter.

Nachtrag: In der Firma angekommen, sehe ich wieder einige Kollegen in Flip-Flops auf dem Hof: Der beste Umgang gegen knöcheltiefe Pfützen, die es aufgrund der mangelnden baulichen Qualität in China zu Hauf gibt!

Zu Unrecht verdächtigt

…habe ich heute Nacht unseren Nachbarn, den vermeintlichen Schuft. Nutzt der Kerl den günstigen Nachtstrom und wäscht um drei Uhr in der früh seine Wäsche – unfassbar. Na warte. So ungefähr ging es mir noch vor wenigen Stunden durch den Kopf.
Dann wollte ich es genau wissen und ging heute morgen auf den Balkon, von wo die Geräusche zu kommen schienen. Und siehe da: es regnet fette Tropfen, die aufs Dach und die Markisen schlagen. Das Ganze in einem Rhythmus, den ich nur einer Waschmaschine zugetraut hätte.
Entschuldigung für den haltlosen Verdacht, Herr Nachbar!

Regen in Shanghai

Wenn es regnet in Shanghai, dann ist was los. Bei dem kleinsten Nieselregen werden die FallRegenschirme aufgespannt, denn Wasser von oben ist gefährlich! Nach meinen Erfahrungen bisher ist eher das Gegenteil der Fall, denn der Regen reinigt die Luft. Man kann das sehr schön am Air Quality Index ablesen, den wir als besorgte Expats natürlich genau im Auge haben. Fällt Regen, sinkt die Feinstaubbelastung in der Stadt und wir können besser atmen.

Zurück zu den Regenschirmen: Wirklich jeder hat einen und wenn nicht, tauchen von irgendwoher plötzlich Händler auf, die ihr Geschäft wittern. Meisten stehen sie vor den Metrostationen, wo sie normalerweise Taschentücher, Zigaretten und anderen Kleinkram verscheuern. Jetzt eben billigste Regenschirme, die vermutlich nur einen Schauer überstehen.

So weit, so serviceorientiert. Doch es gibt ein Problem, so man keinen Schirm sein eigenen nennt, wie ich. Und wenn der Regen bloß so nieselig bleibt, möchte ich auch keinen. Den müsste ich ja rumschleppen und eine Murse (male purse, Handtasche für Männer) dafür anzuschaffen, kommt mir auch nicht in den Sinn. Das Problem besteht also darin, unbeschadet durch eine mit Schirmen bewaffnete Menschenmenge zu gelangen. Wäre man sehr klein, könnte man einfach drunter durchlaufen. Wäre man sehr groß, würden die Schirme an den Schultern zerschellen. Ich aber habe genau die richtige Größe, um die Schirme ins Gesicht zu bekommen. Und das mag ich nicht. Bei Regenwetter gleicht mein Fortkommen daher einem Spießrutenlauf.

Ein interessantes Novum habe ich in Verbindung mit Regenschirmen aufgetan: die Schirmkondome. Es scheint nicht schicklich, eine Shoppingmall oder ein Geschäft mit tropfenden Schirm zu betreten. Die findigen Chinesen verteilen deswegen an den Eingängen passend geformte Plastiktüten, um diese über den Schirm zu stülpen. Auch eine maschinelle Variante des Tütenverteilers ist uns schon begegnet (siehe Bild). Leider schafft es so mancher Zeitgenosse trotz großer Schirmordnung nicht, die Tüte entsprechend zu entsorgen. Bei einigen Eingängen könnte man deshalb meinen, es hätte ein großes Quallensterben gegeben. Pfui.

Die gediegene Verbesserung der Kondomidee ist der Schirmhalter. Eigentlich nichts Neues – nur liefe man bei 1,3 Milliarden Menschen Gefahr, sein gutes Stück nicht mehr mit nach Hause zu nehmen. Daher gibt es Vorrichtungen mit Schloss. Richtig – ein Schloss für jeden einzelnen Schirm. Das nenn ich innovativ! Für den Fall, dass ich mir doch noch einen zulege, reserviere ich schonmal einen Platz an meinem Schlüsselbund!

Guten Schauer! Der Frühling möge kommen!

Update: Heute morgen gießt es richtig ordentlich und muss ein paar Minuten auf unseren Bus warten. Die Anschaffung eines Schirmes wird wahrscheinlicher (Knirps?).