Regen in Shanghai

Wenn es regnet in Shanghai, dann ist was los. Bei dem kleinsten Nieselregen werden die FallRegenschirme aufgespannt, denn Wasser von oben ist gefährlich! Nach meinen Erfahrungen bisher ist eher das Gegenteil der Fall, denn der Regen reinigt die Luft. Man kann das sehr schön am Air Quality Index ablesen, den wir als besorgte Expats natürlich genau im Auge haben. Fällt Regen, sinkt die Feinstaubbelastung in der Stadt und wir können besser atmen.

Zurück zu den Regenschirmen: Wirklich jeder hat einen und wenn nicht, tauchen von irgendwoher plötzlich Händler auf, die ihr Geschäft wittern. Meisten stehen sie vor den Metrostationen, wo sie normalerweise Taschentücher, Zigaretten und anderen Kleinkram verscheuern. Jetzt eben billigste Regenschirme, die vermutlich nur einen Schauer überstehen.

So weit, so serviceorientiert. Doch es gibt ein Problem, so man keinen Schirm sein eigenen nennt, wie ich. Und wenn der Regen bloß so nieselig bleibt, möchte ich auch keinen. Den müsste ich ja rumschleppen und eine Murse (male purse, Handtasche für Männer) dafür anzuschaffen, kommt mir auch nicht in den Sinn. Das Problem besteht also darin, unbeschadet durch eine mit Schirmen bewaffnete Menschenmenge zu gelangen. Wäre man sehr klein, könnte man einfach drunter durchlaufen. Wäre man sehr groß, würden die Schirme an den Schultern zerschellen. Ich aber habe genau die richtige Größe, um die Schirme ins Gesicht zu bekommen. Und das mag ich nicht. Bei Regenwetter gleicht mein Fortkommen daher einem Spießrutenlauf.

Ein interessantes Novum habe ich in Verbindung mit Regenschirmen aufgetan: die Schirmkondome. Es scheint nicht schicklich, eine Shoppingmall oder ein Geschäft mit tropfenden Schirm zu betreten. Die findigen Chinesen verteilen deswegen an den Eingängen passend geformte Plastiktüten, um diese über den Schirm zu stülpen. Auch eine maschinelle Variante des Tütenverteilers ist uns schon begegnet (siehe Bild). Leider schafft es so mancher Zeitgenosse trotz großer Schirmordnung nicht, die Tüte entsprechend zu entsorgen. Bei einigen Eingängen könnte man deshalb meinen, es hätte ein großes Quallensterben gegeben. Pfui.

Die gediegene Verbesserung der Kondomidee ist der Schirmhalter. Eigentlich nichts Neues – nur liefe man bei 1,3 Milliarden Menschen Gefahr, sein gutes Stück nicht mehr mit nach Hause zu nehmen. Daher gibt es Vorrichtungen mit Schloss. Richtig – ein Schloss für jeden einzelnen Schirm. Das nenn ich innovativ! Für den Fall, dass ich mir doch noch einen zulege, reserviere ich schonmal einen Platz an meinem Schlüsselbund!

Guten Schauer! Der Frühling möge kommen!

Update: Heute morgen gießt es richtig ordentlich und muss ein paar Minuten auf unseren Bus warten. Die Anschaffung eines Schirmes wird wahrscheinlicher (Knirps?).

 

Zauberhaftes vom Li Flüsschen

Wir sind in der autonomen Region Guangxi in Südchina, immer noch im Distrikt Guilin, nun aber in einem kleinen Städtchen namens Xingping. Dieses liegt direkt am Li, einem Fluss, dessen malerische Szenerie die Rückseite des 20 Yuan Geldscheins trägt.

Sanfte Berge soweit das Auge reicht, meistens etwas vom Dunst der Atmosphäre umspielt. Dazwischen schlängelt sich der Fluss, den wir heute auf einem Bamboo Raft erkunden. Leider musste der  ursprüngliche natürliche Rohstoff weichen und stattdessen finden sich PVC Rohre im Einsatz*. Diese sind verbunden und bilden so den Schwimmkörper des Rafts. Obenauf ist die Sitzfläche befestigt, zum Antrieb gibt es einen beweglichen knatternden Motor mit einer langen Welle, die mitsamt der Schraube im Wasser hängt.

An einer Verladestation werden alle Fahrgäste auf die Boote geleitet. Die Zuordnung zu einem Fahrer scheint willkürlich, für uns ist es aber auch völlig egal, wen wir nicht verstehen. Die Kommunikation auf Chinesisch ist für uns weiterhin nur rudimentär möglich. Wir knattern davon und der idyllische Fluss wird von einer nicht enden wollenden Kette identischer Boote bevölkert.

Die Kulisse auf dem Fluss ist wirklich schön. Der Himmel blau, die Karstberge in sattem Grün und auch der Fluss macht einen erstaunlich sauberen Eindruck. Hin und wieder laden kleine Stände am Ufer zu einer Stärkung oder zu Souvenirs ein. Die Fahrt in der beschaulichen Szenerie ist äußerst entspannend und lädt zum Dösen ein.

Kurz vor Ende noch eine kleine Überraschung: Wir werden von einer Polizeipatroullie gestoppt. Die fröhlich rauchende Besatzung in ihrem kleinen Motorboot mit aufregend blinkender Blau-Rot-Beleuchtung entert uns Steuerbord. Unser Bootsmann hat das Nummernschild scheinbar nicht ordnungsgemäß befestigt und kassiert eine Rüge. Das ganze ist schnell gelöst und wir können weiterschippern.

Wie geplant werden wir kurz vor einem Ort Namens Yangdi am Ufer abgesetzt. Wir werden einen Teil der Strecke entlang des Flusses zurückwandern. Der Fußmarsch tut uns gut, die Sonne scheint uns in die bis dahin noch blassen Stadtgesichter und wir befinden uns in lustiger Gesellschaft: Mit uns ist eine bunte, internationalen Truppe aus Hong Kong unterwegs, die im gleichen Hostel abgestiegen sind.  Zusammen erkunden wir kleine am Fluss gelegene Dörfer und versuchen die feilgebotenen Köstlichkeiten.

Ziemlich unzufrieden sind wir allerdings mit einem bei Chinesen populären Restaurant, das wir uns zum Mittagessen ausgesucht hatten. Wir Laowei (= Ausländer) scheinen den Bediensteten mehr als lästig. Dies machen wir daran fest, dass unsere Mahlzeit nur nach Protest und in kleinen Häppchen gereicht wird.

Tatsächlich passiert es uns immer wieder, dass wir von Kellnern offensichtlich ignoriert werden. Unsere Theorie geht dahin, dass Wenige Lust haben, sich mit der Sprachbarriere auseinander zu setzen. Für uns ist das auch nicht einfach, aber – so wir nicht hungern möchten – die Tagesordnung.

Trotzdem bleibt dieser Tag ein Highlight für uns. Die Großstadt ist vergessen uns es macht Spaß in der Natur tief durchzuatmen und Wärme zu tanken. Von diesem China wollen wir in Zukunft bitte noch mehr sehen!!

*Nachtrag: Für einen kurzen Abschnitt des Flusses nahe Yongshou werden noch echte Bambusboote verwendet (siehe Bild). Diese können allerdings nur flussabwärts fahren und werden von überladenen LKW zur Einsetzstelle gekarrt. Viel sympathischer und ohne nervigen Motorenlärm auf dem Wasser!

Happy new year!

Tolle Neuigkeiten: Das chinesische Neujahrfest findet morgen, am 30.01., statt! Und direkt im Anschluss gibt es die Frühlingsferien. Wie das genau zusammenhängt, weiß ich auch nicht. Die beiden Festivitäten werden im Sprachgebrauch synomym verwendet. In jedem Fall heißt es: Es gibt eine Woche Ferien, von der ganz offiziell zwei Tage durch Arbeit am Wochenende vor- beziehungsweise nachgeholt werden.

Das Neujahrsfest kündigt sich in der ganzen Stadt an, wie in etwa bei uns das Weihnachtsfest. Vielleicht nicht ganz so früh, aber dafür bunter, lustiger. An der Straßenecke unten steht jetzt seit einer Woche ein Pavillion in dem Feuerwerk verkauft wird. Die armen Kerle haben keine Heizung – vermutlich wegen der Brandgefahr – und verscheuern dort in der Kälte ihre Ware. Im Fernsehen laufen zeitgleich Spots zur Vermeidung von Unfällen und auch ein Bildbeitrag von eben solch einem Pavillion, der in Flammen aufgeht. Die Städter werden zusätzlich in der Zeitung ermahnt, wegen der schlechten Luft auf Feuerwerk zu verzichten. Jeder kann sich denken, wie dieses Gebot buchstäblich verpufft…

Auch von mir fordert der Jahreswechsel ein Tribut: An meinem ersten Arbeitstag werde ich darauf hingewiesen, dass wir etwas für die anstehende Jahreabschlussfeier der Firma einstudieren sollen. Alles ist schon vorbestimmt und so werden es zwei Gesangsbeiträge. Zum einen die chinesische Version von Bruder Jakob, die allerdings von zwei Tigern handelt und ein Happy New Year Song, der unserer Expatgruppe aufgrund des komplizierten Textes (4 Verse) größere Probleme bereitet. Wir geben uns trotzdem die größte Mühe und proben mehrere Tage in Folge in unserer Mittagspause. Auch andere Gruppen aus dem Kollegenkreis bereiten sich auf das Event vor und als dann auch noch ein Regisseur auf der Bildfläche erscheint, schwant uns langsam, dass sich etwas Größeres abzeichnet als bloß eine Firmenfeier, bei der zum Spaß etwas aufgeführt wird.

Tatsächlich finden wir uns wenige Tage später in einer Art Theatersaal wieder, auf deren Bühne eine LED-Wand steht, wie man sie vom Public-Viewing her kennt. Die Temperaturen im Saal sind entsprechend. Das eigentliche Event gleicht in etwa dem, was man sich als Laie unter einer Oscar-Verleihungs-Veranstaltung vorstellt. Das süße Maskottchen, das bei jeder Gelegenheit auf der Leinwand erscheint, könnt ihr auch unten sehen. Die besten Mitarbeiter, das beste Team, die innovativste Abteilung – allen wird mit einer pompösen Show und Moderatoren in Abendgarderobe gehuldigt. Entsprechend findet auch die Vorstellung der Expatriaten, inklusive der zwei als Tiger verkleideten, tosenden Applaus und große Begeisterung.
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Mit einem solchen triumphalen Ereignis im Gedächtnis lässt es sich wunderbar in die zweiten Weihnachtsferien gleiten. In diesem Sinne: Auf ein zweites “Gutes Neues” im Jahr des Pferdes 2014!
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