…die Person, die sich solch’ Duo abgepackter Zitronenscheiben im Convenience Store an der Ecke zu 50 Eurocent erwirbt!
Author: Christian
Let’s go for a walk…
Die Luftqualität erreicht heute in Shanghai historische Bestwerte, zumindest was unseren Aufenthalt hier angeht. Normalerweise pendelt der AQI-Tacho (Air Quality Index) so zwischen 50 und 200 in den Sommermonaten, wobei alles unter 100 schon zu Freudentaumel führt.
Grund der Besserung: Der Typhoon Fung-Wong sucht derzeit die Ostküste Chinas heim und bringt neben einer tüchtigen Brise auch viel Regen mit. Im Vergleich zu anderen Provinzen ist Shanghai nur moderat betroffen. Annika und ich haben gestern abend schon die Gelegenheit für eine Joggingrunde genutzt. Es ist absurd, aber Regenwetter ist für uns Sportwetter.
Nachtrag: In der Firma angekommen, sehe ich wieder einige Kollegen in Flip-Flops auf dem Hof: Der beste Umgang gegen knöcheltiefe Pfützen, die es aufgrund der mangelnden baulichen Qualität in China zu Hauf gibt!
Wasn Shanghai?
Fragt man im Ausland nach deutschen Highlights, dann fällt bestimmt spätestens bei der dritten Aufzählung ‘the munich beerfest’. Oder falls sich der Gefragte an der deutschen Ausprache versucht, eben das ‘münsch beerfest’.
Wir wissen was gemeint ist (Toleranz!) und versuchen mit zunehmender Erschöpfung klar zu machen, dass es sich um eine bayrische Tradition handelt, nicht jeder (Freigerichter oder Ellwanger) Lederhosen und Dirndl im Schrank hat und warum wir im übrigen nicht die größten Fans des Sauffestes sind, und und und…
Und dann kommt eines Tages mein Werksleiter daher und freut sich, uns zu einem Shanghaier Oktoberfest einzuladen (O-Ton: ‘dem Besten von Shanghai’). Und plötzlich denkt man, eigentlich gar nicht so schlecht. Das Oktoberfest ist auf einmal doch ein wenig Heimat.

Eine gesunde Gruppendynamik unter Kollegen macht’s möglich, dass ruck-zuck ein entsprechendes Outfit organisiert wird – beim chinesischen Pendant zu Ebay >Taobao< bekommt man fast alles (auch Tiernahrung). Ok, unsere Lederhosen sind ein derbes Imitat, etwas zu groß, sehen aber ganz ansehnlich aus. Annika wurde dank rechtzeitiger Ankündigung mit deutscher Qualitätsware eingekleidet (Danke, Inge!). Und das als einzige unserer Gruppe – die Männers entzückt. Daumen hoch!

Die Veranstaltung wird seit Jahren vom Renaissance Hotel organisiert und standesgemäß im Zelt ausgetragen. Bereits davor knallen knackige Knaben im Rhythmus mit Peitschen zur Quetschkommode, um die Besucher auf das derbe B(r)auchtum einzustimmen. Dirndl-Chinesinnen stellen sicher, dass man an die gebuchte Bierbank findet. Der Service – wie so oft in China – sehr gut: Kaum hebt man die Hand, kommt schon im Austausch eines Gutscheins ein Bierchen angeflogen. Nein, es gibt keine Maßkrüge – nur Halbe sind im Auschank, ist bestimmt auch besser so.
Am Büffet befinden sich bekannte, aber vermisste Köstlichkeiten: Rippchen, Sauerkraut, Fleischwaren in allen Varianten, Brezn und Apfelstrudel. Lecker und All you can eat! Warum nicht öfters so?
Die gefüllten Laiber wollen nach dieser Kur und durch das nächste Bierchen motiviert auf die Bänke gehievt werden: Tanz ist angesagt. Doch das verräterische Ächzen lässt chinesische Qualität vermuten und die ‘festeren’ Gäste werden auf stabilere Bankpositionen manövriert. Puh, Unglück verhindert!
Auf der Zeltbühne gibt es abwechselnd musikalische Darbietungen (u.a. Schuhplattlertänze) und Spiele – wie einfallsreich – Wetttrinken! In regelmäßigen Abständen schallt ein “Yi, er, san… gan bei!” durch die Menge: Kommando zum Bechern. ‘Gan bei’ heißt wörtlich trockener Becher und ordnungsgemäßer Weise müsste man daraufhin den Becher leeren. Das ist auch des Rätsels Lösung, warum in chin. Lokalen die Biergläser meist kleiner sind als die bekannten Kölsch-Gläser.
Erwähnt werden soll in diesem Artikel noch mein chinesischstämmiger Kollege Tao: 10 Jahre Schwaben haben ihn – man glaubt es kaum – zum Schwaben gemacht. Auf wundersame Weise hat er, als alle schon längst ihr Kontigent aufgebraucht hatten und der Zapfenstreich bereits gespielt war (Punkt 23 Uhr), ein Bier nach dem anderen hervorgezaubert. Ob da wohl ordentlich guanxi (Beziehungen) im Spiel waren? – Heute lässt sich das nicht mehr lückenlos rekonstruieren… Wie dem auch sei, in jedem Fall hat uns der Gute über dürstige Zeiten gerettet.
Xiexie dafür sagt:
Euer Strietzl
Nachtrag: Der Autor hat bei diesem Artikel besonderen Spaß am Gebrauch dt. Ümlaute gehabt. In seinem Alltag sind diese dank besönderer Ümstände leider weit in den Hintergründ geraten. Pröst!
Grüne Welle Gongqing
Comeback des Blogging-Verweigerers! Ich freue mich besonders, einen netten Artikel über unseren letztsonntäglichen Ausflug zu schreiben.
Eine Recherche nach naturnaher Aktivität in unserem Reiseführer bringt uns auf die Schliche des Gongqing Forest Park – ein angelegter quadratischer Park im Norden von Shanghai. Eine Metrostunde und eine Taxifahrt später sind wir da – und unsere Herzen jauchzen.
Der Park ist grüner und weniger überlaufen als der Pudonger Century Park oder der Central Park in New York (obwohl ich da noch nie war, ist aber bestimmt mehr los, in Amerika wohnen doch so viele). Obwohl fast alle Wege angelegt sind und es ein Aufgebot an Attraktionen gibt (Paintball, Pirate Ship, Zipline und Fußballplatz), finden sich doch zahlreiche Plätze, an denen man rein optisch vergessen kann, wo man ist. Rein optisch, weil sich natürlich die schwüle Hitze und das ohrenbetäubende Zirpen der Grillen nicht ausblenden lassen. Es ist wirklich unglaublich, wieviel Lärm diese Viecher machen können. Sogar in der Innenstadt knirscht’s von allen Wipfeln. Eine wahre Invasion. Ich habe zeitweise meine Ohren verstopft, weil ich meine Ruhe haben wollte.
Aber zurück zu den schönen Seiten – schaut euch die Bilder an! Glücklicherweise hatten wir unsere Slackline am Start und konnten das gute Stück zwischen zwei ordentliche Bäume spannen. In der Sonne liegen, lesen, slacklinen, schwitzen und dösen – so lässt sich ein Sonntag verbringen. Yeah!
Auch wir wissen, dass sich diese Zeilen aus naturverwöhnter Sicht nur mit einem großen Gähnen lesen lassen. Aber wer einmal eine Weile in einer wuchernden Millionenstadt unter Beton begraben war, der findet das geil.
So long, Christian
Neuer Hobel
Shanghais Straßen sind seit wenigen Stunden um einen Lichtblick reicher:
Das Rad ist von Airwalk. Vor zwei Wochen habe ich die Komponenten ausgesucht – eine zähe Angelegenheit, wer meine Entscheidungsfreude kennt. Ich finde es hat sich gelohnt. Ein Quantensprung zu meiner vorherigen Droschke. Ab jetzt soll sich bitte das Wetter bessern! Go.













