Manila vs. Shanghai

Durch glückliche Umstände war ich neulich mit einer Bekannten für fünf Tage auf den Philippinen. Der Aufenthalt dort hat neue Perspektiven zu Shanghai und unserem Leben in China aufgeworfen.

Der Anfang war relativ eindeutig, statt Schwarz-Weiß schien sich der Vergleich eher als Grau-Blau-Kontrast zwischen Manila und Shanghai abzuzeichnen: Das Wetter in Shanghai nass und eher kalt, in Manila tropisch und warm. Die Natur auf den Inseln bezaubernd bis betörend, von Shanghai aus müsste man weit fahren, um so viel Schönheit in der Natur zu sehen. Auf den Philippinen schienen die Menschen sehr freundlich und hilfsbereit, wir wurden an jeder Ecke als „Ma’am“ angesprochen und uns wurde mit gutem Englisch weitergeholfen. Die Menschen in Shanghai sind eher selten freundlich und hilfsbereit, viele sprechen kein oder schlechtes English. Meine in Shanghai angewöhnten ausgefahrenen Ellenbogen konnte ich bei der ersten Gelegenheit wieder einfahren, als ich merkte, dass ich auch ohne jedes Drängeln vorankomme.

Doch wie in jeder guten Geschichte gibt es auch hier einen Wendepunkt: Das freundliche „Ma’am“ wurde nachts auf den Straßen immer mehr zu einer bedrängenden Phrase, so dass wir vor lauter Ma’am-Rufen nur noch am Flüchten waren, Ladenbesuche wurden zunehmend anstrengend wegen der ständigen Präsenz vermeintlich hilfsbereiter Verkäufer. Das Betteln kleiner Kinder mündete darin, dass sie uns trotz oder wegen großzügiger Spenden belagerten und sogar Rasiermesser in ihren kleinen Händen hielten. Wir wollten lieber nicht ausprobieren, ob sie wussten, wie diese als Waffe einzusetzen sind. Überflüssig zu sagen, dass ein Aufenthalt nachts im Freien keine Entspannung mehr darstellen konnte und wir auch dem öffentlichen Nahverkehr nicht mehr so aufgeschlossen gegenüber standen wie zu Anfang.

Nach fünf Tagen auf den Philippinen freute ich mich auf China, wo ich mich sicher bewegen kann, sofern ich mich den darwinistischen Regeln des Straßenverkehrs beuge.
Hi Shanghai, glad to be back again!

PS: Danke, Lukas, für die nette Aufforderung zum Weiterschreiben!

Zauberhaftes vom Li Flüsschen

Wir sind in der autonomen Region Guangxi in Südchina, immer noch im Distrikt Guilin, nun aber in einem kleinen Städtchen namens Xingping. Dieses liegt direkt am Li, einem Fluss, dessen malerische Szenerie die Rückseite des 20 Yuan Geldscheins trägt.

Sanfte Berge soweit das Auge reicht, meistens etwas vom Dunst der Atmosphäre umspielt. Dazwischen schlängelt sich der Fluss, den wir heute auf einem Bamboo Raft erkunden. Leider musste der  ursprüngliche natürliche Rohstoff weichen und stattdessen finden sich PVC Rohre im Einsatz*. Diese sind verbunden und bilden so den Schwimmkörper des Rafts. Obenauf ist die Sitzfläche befestigt, zum Antrieb gibt es einen beweglichen knatternden Motor mit einer langen Welle, die mitsamt der Schraube im Wasser hängt.

An einer Verladestation werden alle Fahrgäste auf die Boote geleitet. Die Zuordnung zu einem Fahrer scheint willkürlich, für uns ist es aber auch völlig egal, wen wir nicht verstehen. Die Kommunikation auf Chinesisch ist für uns weiterhin nur rudimentär möglich. Wir knattern davon und der idyllische Fluss wird von einer nicht enden wollenden Kette identischer Boote bevölkert.

Die Kulisse auf dem Fluss ist wirklich schön. Der Himmel blau, die Karstberge in sattem Grün und auch der Fluss macht einen erstaunlich sauberen Eindruck. Hin und wieder laden kleine Stände am Ufer zu einer Stärkung oder zu Souvenirs ein. Die Fahrt in der beschaulichen Szenerie ist äußerst entspannend und lädt zum Dösen ein.

Kurz vor Ende noch eine kleine Überraschung: Wir werden von einer Polizeipatroullie gestoppt. Die fröhlich rauchende Besatzung in ihrem kleinen Motorboot mit aufregend blinkender Blau-Rot-Beleuchtung entert uns Steuerbord. Unser Bootsmann hat das Nummernschild scheinbar nicht ordnungsgemäß befestigt und kassiert eine Rüge. Das ganze ist schnell gelöst und wir können weiterschippern.

Wie geplant werden wir kurz vor einem Ort Namens Yangdi am Ufer abgesetzt. Wir werden einen Teil der Strecke entlang des Flusses zurückwandern. Der Fußmarsch tut uns gut, die Sonne scheint uns in die bis dahin noch blassen Stadtgesichter und wir befinden uns in lustiger Gesellschaft: Mit uns ist eine bunte, internationalen Truppe aus Hong Kong unterwegs, die im gleichen Hostel abgestiegen sind.  Zusammen erkunden wir kleine am Fluss gelegene Dörfer und versuchen die feilgebotenen Köstlichkeiten.

Ziemlich unzufrieden sind wir allerdings mit einem bei Chinesen populären Restaurant, das wir uns zum Mittagessen ausgesucht hatten. Wir Laowei (= Ausländer) scheinen den Bediensteten mehr als lästig. Dies machen wir daran fest, dass unsere Mahlzeit nur nach Protest und in kleinen Häppchen gereicht wird.

Tatsächlich passiert es uns immer wieder, dass wir von Kellnern offensichtlich ignoriert werden. Unsere Theorie geht dahin, dass Wenige Lust haben, sich mit der Sprachbarriere auseinander zu setzen. Für uns ist das auch nicht einfach, aber – so wir nicht hungern möchten – die Tagesordnung.

Trotzdem bleibt dieser Tag ein Highlight für uns. Die Großstadt ist vergessen uns es macht Spaß in der Natur tief durchzuatmen und Wärme zu tanken. Von diesem China wollen wir in Zukunft bitte noch mehr sehen!!

*Nachtrag: Für einen kurzen Abschnitt des Flusses nahe Yongshou werden noch echte Bambusboote verwendet (siehe Bild). Diese können allerdings nur flussabwärts fahren und werden von überladenen LKW zur Einsetzstelle gekarrt. Viel sympathischer und ohne nervigen Motorenlärm auf dem Wasser!