Japan 3.0

Dies ist unser Daruma. Daruma-Pappmache-Figuren sind beliebte Glücksbringer überall in Japan. Sie stellen einen buddhistischen Mönch dar. Die Figur hat deswegen keine Arme und Beine, weil der Mönch neun Jahre lang im Meditationssitz gesessen haben soll. Daruma schlief einmal beim Meditieren ein und soll sich über seine Nachlässigkeit so geärgert haben, dass er sich die Augenlider abschnitt. Eine weitere Eigenschaft von Daruma ist, dass er ein  Stehaufmännchen ist. Sein Unterteil ist mit einem Gewicht beschwert, damit er sich immer wieder aufrichten kann.

Damit Daruma einem einen Wunsch erfüllt, malt man zuerst ein Auge aus. Man stellt die Figur an einen Ort, an dem man möglichst oft vorbei kommt. Wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, wird das andere Auge ausgemalt. Wie Ihr seht, hat unser Daruma schon beide Augen ausgemalt. Seit Ende August erleben wir Japan 3.0 mit unserer Lotte.

Touristin in Deutschland

Auf unserem Deutschlandtrip kam mir als Touristin aus Japan einiges ganz schön spanisch vor. Ich hab meine kulturellen Verwirrungen auf der Deutschlandreise mal notiert:

Die Leute, insbesondere die im Servicebereich, scheinen mir extrem unhöflich. Ich komme in einen Kiosk. Die Dame hinter dem Tresen erhebt sich nicht, verbeugt sich nicht, begrüßt mich nicht, bedankt sich nicht für meinen Besuch. Undenkbar in Japan.

‌Auffällig, dass einem andererseits – zumindest im Schwäbischen – bei fast jedem Abschied ein schöner Tag gewünscht wird. Das passiert uns in Japan nicht.

‌Ich genieße es, dass ich mich in Deutschland in einem Lokal einfach hinsetzen kann, wo ich will, ohne auf die Anweisungen des Servicepersonals warten zu müssen.

‌Mann, sind die Züge leer hier. Und unpünktlich.

Yay, hier gibt es überall Mülleimer. Irre, worüber sich Exilanten freuen.

Es gibt in Deutschland zwar viele Toiletten, aber für die meisten muss ich zahlen (in Japan sind die umsonst) und sie sind viel schmutziger als die japanischen.

‌Die Leute schauen mich direkt an, scheuen keinen Augenkontakt, sondern gucken mich unverhohlen, unverstohlen an. Das bin ich gar nicht mehr gewohnt.

‌Ich fühle mich in Deutschland ganz normal groß und dünn und werde auch so wahrgenommen. Angenehm, nicht ständig mit meiner “Überdimensioniertheit” konfrontiert zu werden.

‌Die Menschen in Deutschland scheinen mir vielfältiger. Nicht nur in Hinblick auf die Ethnien, aber auch, was Frisuren, Kleidungsstile etc. angeht.

‌Deutsche Bäckereien sind wahrscheinlich die besten der Welt. Ich und die meisten anderen Exildeutschen vermissen sie völlig zu Recht.

‌Hier ist es generell ganz schön schmutzig – im Vergleich zu Japan (und ganz schön gepflegt im Vergleich zu China).

In Japan wird sich ständig entschuldigt, ob ich jemanden ansprechen möchte, ein Zimmer betrete oder aus Versehen jemanden schubse – die diversen Entschuldigungsfloskeln sind allgegenwärtig. Jo, in Deutschland wird sich vielleicht einen Tick zu wenig entschuldigt. Gerade im letzteren Fall.

Der Lappen ist unser

Die Erfolgsgeschichte des Tages: in nur 7.5 Stunden haben wir einen japanischen Führerschein erworben, davor hatten wir bloß eine Übersetzung die ein Jahr ab Einreise gültig ist. Auf dem Amt gehen 7 Stunden auf das Konto unseres Sitzfleisches, in der verbleibenden halben Stunde unternehmen wir eine kleine Odysee mit Antrag stellen, Foto machen (1), Dokumente einreichen, Zahlen, Sehtest, Foto machen (2) und Führerschein abholen.

Der kritische Punkt ist die Prüfung der Dokumente, denn man muss nachweisen, dass man nach dem Erhalt des deutschen Führerscheins mindestens 3 Monate in Deutschland wohnhaft war – sonst gilt es nicht (näh näh) und man muss eine echte Prüfung ablegen. Unsere wenigen zusammengeklaubten Dokumente wurden schließlich akzeptiert und wir damit happy. Der Rest war reine Formsache bzw. ein Geduldsspiel.

Hier die fröhlichen Gewinner:

Jungfernfahrt mit betagtem Mobil

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Nach harter Behördenarbeit ist es uns gelungen, unsere Beweglichkeit auf vier Rädern herzustellen. Ein in die Jahre gekommener Nissan X-Trail wird uns hoffentlich an alle uns erträumten Ziele bugsieren.

Der heutigen Spritztour vorausgegangen ist folgendes Prozedere:
1. Führerscheine beim hiesigen ADAC-Äquivalent ins Japanische übersetzen lassen
2. Namens-Siegel anfertigen lassen  (vergleichbar mit der Unterschrift im Rest der Welt)
3. Namens-Siegel registrieren
4. Parkplatz anfragen
5. Frage nach Fahrzeuggröße beantworten
6. Absage für Parkplatz kassieren
7. Mehrmals nachfragen
8. Parkplatz (in der richtigen Größe) zugeteilt bekommen
9. Miete des Parkplatzes anleiern (kostet ca. 250€)
10. Formular zur Parkplatzregistrierung bei der Polizei abholen
11. Parkplatzmietvertrag, Parkplatzskizze, Namens-Siegel-Registrierung und ausgefülltes Formular zur Polizei bringen und ca. 20€ löhnen
12. Parkplatzregistrierung nach drei Tagen bei Polizei abholen
13. Auto, Parkplatz Registrierung, Abgasuntersuchungsunterlagen, Steuerbescheinigung, Personalausweis, Siegel, Siegel Registrierung, Dokument zum Fahrzeugtransfer, Dokument zur Fahrzeugveräußerung zum Amt für Transport bringen. Dort zu drei verschiedenen Schaltern, Dokumente ausfüllen und bezahlen, Nummernschilder selbst gegen neue Tauschen. Beim Plombenmann vorfahren und die neuen Schilder verplomben lassen.
14. Lernen wie der Stapel-Hebe-Sonstwas-Parkplatz funktioniert (3 Autos neben-, 4 übereinander werden über einen Puzzlemechanismus die Ausfahrt ermöglicht)
15. Freiwillige Versicherung abschließen
16. Endlich losdüsen dürfen

Unsere Erstlingstour führt uns über Mautstrassen (mit elektronischer Zahlung) durch das nahegelegene Mittelgebirge mit einsamen Strassen und vielen Kurven. Am Ende wartet ein lecker entspanntes Curry-Restaurant auf uns.

Wochenendausflügen steht nun nichts mehr im Wege und im August planen wir einen bereits einwöchigen Roadtrip durch Honshu (die Insel auf der Tokio liegt).

Auf allzeit gute (Links-) Fahrt!

Apartmentaussichten: Ein Tag im Zeitraffer

Weltpremiere: eine Zeitrafferaufnahme aus unserer Bude vom 22. Mai. Die Kamera habe ich dazu hemdsärmlig auf unseren Balkon gestellt, wohl nicht ganz fest, denn das Bild hopst zwischendurch mal (oder schon wieder Erdbeben?!). Geplant waren 24 Stunden, aber der Akku hat bei der Frequenz von einem Bild pro fünf Minuten nicht durchgehalten. So sind es um 15 Stunden geworden.

Spannend finde ich den kurzen Sonnenuntergang. Auch kann man das Treiben auf dem Grillplatzes links unten gut erkennen.