Liste bedauernswerter Arbeitskräfte in Shanghai

  • Die Taschenkontrolleure an sämtlichen Metrostationen. Meistens in übergroßen Uniformen verpackt, fordern sie höflich durch charakterisches Anwinkeln des Unterarmes die Fahrgäste auf, ihre Gepäckstücke durch den Röntgenapparat zu schieben. Pikant: die meisten Passagiere juckt das nicht und sie gehen einfach so durch.
  • Pförtner und Guards. Überall eingesetzt, wo es Platz für nen Glaskasten gibt, an Compoundeingänge, größere Einfahrten oder vor diversen Konsulaten. Funktion: Schranken öffnen. Aber sonst vermutlich nur den Stuhl warm halten. Immerhin: die Glaskästen haben Klimaanlagen!
  • Verkehrspolizist. Der härteste aller Jobs. Mitten im Feierabendverkehr den selbigen regeln, bedauerlicherweise meist ohne Maske. Extremste Schadstoffbelastung. Anscheinend gut bezahlt.
  • Bewacher unbenutzter Gebäude oder Gelände: Den Großteil der Zeit stehen sie sich die Beine in den Bauch. Und wenn zufällig mal jemand das Gelände betreten will, müssen sie mit größtmöglicher Lautstärke und Wichtigkeit darauf hinweisen, dass selbiges verboten ist.
  • Immer wenn man sich nicht sicher ist, wo der beißende süßlich-modrige Geruch herkommt, der einem unangenehm in die Nase kriecht, sind sie nicht weit: die Stinky-Tofu-Köche. Das Schöne an ihrem Job ist, dass sie sich (zur Überraschung empfindlicher Langnasen) großer Beliebtheit erfreuen.
  • Fahnenwinker in den Metro-Stationen: Diese Menschen geben den Metro-Fahrerinnen Bescheid, dass alle Passagiere verstaut sind und sie losfahren können. Während der Stoßzeiten haben sie zusätzlich noch die undankbare Aufgabe, für Ordnung zu sorgen und gegebenfalls zu entscheiden, wer noch in die aktuelle Metro darf und wer nicht. Die “Stoß-Zeiten” sind in der Shanghaier Metro wörtlich zu sehen, siehe zum Beispiel das untere Bild hier.

Manila vs. Shanghai

Durch glückliche Umstände war ich neulich mit einer Bekannten für fünf Tage auf den Philippinen. Der Aufenthalt dort hat neue Perspektiven zu Shanghai und unserem Leben in China aufgeworfen.

Der Anfang war relativ eindeutig, statt Schwarz-Weiß schien sich der Vergleich eher als Grau-Blau-Kontrast zwischen Manila und Shanghai abzuzeichnen: Das Wetter in Shanghai nass und eher kalt, in Manila tropisch und warm. Die Natur auf den Inseln bezaubernd bis betörend, von Shanghai aus müsste man weit fahren, um so viel Schönheit in der Natur zu sehen. Auf den Philippinen schienen die Menschen sehr freundlich und hilfsbereit, wir wurden an jeder Ecke als „Ma’am“ angesprochen und uns wurde mit gutem Englisch weitergeholfen. Die Menschen in Shanghai sind eher selten freundlich und hilfsbereit, viele sprechen kein oder schlechtes English. Meine in Shanghai angewöhnten ausgefahrenen Ellenbogen konnte ich bei der ersten Gelegenheit wieder einfahren, als ich merkte, dass ich auch ohne jedes Drängeln vorankomme.

Doch wie in jeder guten Geschichte gibt es auch hier einen Wendepunkt: Das freundliche „Ma’am“ wurde nachts auf den Straßen immer mehr zu einer bedrängenden Phrase, so dass wir vor lauter Ma’am-Rufen nur noch am Flüchten waren, Ladenbesuche wurden zunehmend anstrengend wegen der ständigen Präsenz vermeintlich hilfsbereiter Verkäufer. Das Betteln kleiner Kinder mündete darin, dass sie uns trotz oder wegen großzügiger Spenden belagerten und sogar Rasiermesser in ihren kleinen Händen hielten. Wir wollten lieber nicht ausprobieren, ob sie wussten, wie diese als Waffe einzusetzen sind. Überflüssig zu sagen, dass ein Aufenthalt nachts im Freien keine Entspannung mehr darstellen konnte und wir auch dem öffentlichen Nahverkehr nicht mehr so aufgeschlossen gegenüber standen wie zu Anfang.

Nach fünf Tagen auf den Philippinen freute ich mich auf China, wo ich mich sicher bewegen kann, sofern ich mich den darwinistischen Regeln des Straßenverkehrs beuge.
Hi Shanghai, glad to be back again!

PS: Danke, Lukas, für die nette Aufforderung zum Weiterschreiben!