Ikea Madness

Letztes Wochenende haben wir unseren zweiten Ikea-Besuch absolviert. Für uns Europäer ist es zunächst einmal ein Glücksfall, dass es die Einrichtungskette überhaupt nach Fernost geschafft hat. Zugebenermaßen haben wir den Alternativen keine Chance gegeben, denn einschlägige Artikel haben uns dazu verleitet, es gar nicht erst zu versuchen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, doch wir waren uns sicher, dass wir keine barocken Möbelstücke benötigen. Darüber hinaus ist es selbst bei Ikea schwierig genug, westliches Esswerkzeug zu finden, dass aber nur nebenbei bemerkt :).

Für den mit einem Tag Vorlauf angekündigten Umzug in unser neues Heim waren uns die Schweden also überaus dienlich und das an einem Sonntag. Unsere Wohnung mieten wir zwar möbliert, aber Etliches fehlte alleine für die erste Nacht. Der Laden ist günstig nur zwei Metrostationen entfernt gelegen und schon bei der Ankunft schließen wir uns den Menschenscharen an, die uns zielsicher zum Eingang leiten. Trotz der Tatsache, dass es riesige chinesische Möbelhäuser gibt, erfreut sich Ikea doch starkem Zuspruch vor allem bei jüngerem Publikum.

Die erste Lektion lernen wir, als wir unsere erste Auswahl an Einrichtungsgegenständen (darunter ein Mülleimer) abstellen, um im hauseigenen Restaurant zu essen. Das Essen ist durchschnittlich bis gut, einige Gerichte lassen die schwedische Herkunft durchblicken: Räucherlachs und Köttbullar zum Beispiel. Übergroße Beschriftungen weisen darauf hin, dass man bitte sein Tablett selbt in den Abräumwagen stellen soll und warum. Einige Kunden schaffen das leider nicht, vielleicht weil man sich in den meisten chinesischen Restaurants auch keine Mühe gibt, den Tisch anständig zu hinterlassen. Umgangssprachlich ausgedrückt sieht es oft einfach aus wie Sau. Als wir vom Essen zurückkehren, um unsere bisher ausgewählten Produkte einschließlich des Mülleimers abzuholen, müssen wir leider feststellen, dass dieser bereits zu einem Viertel mit Taschentüchern gefüllt ist. Danke, Leute! Und dabei standen die offiziellen Mülleimer keine drei Meter weit davon entfernt.

Schon zuvor bemerken wir, dass unsere Miteinkäufer äußerst neugierig unseren gefüllten Einkaufswagen beäugen. Schon interessant, was die Laowai (Ausländer) so einkaufen. Unsere zweite Lektion folgt dann sogleich, als wir aus den Augenwinkeln beobachten, wie man uns unserer Einkäufe beraubt. Wir hatten den Wagen nur kurz am Gang stehen gelassen und schwupp hat man die Gelegenheit beim Schopfe gepackt. Den kurzen Verfolgungsversuch konnten wir schnell aufgeben, denn man kommt im Gedränge einfach nicht schnell voran. Die beste Möglichkeit der Fortbewegung besteht übrigens im Allgemeinen darin, sich dem langsamen Trott des Masse anzuschließen und die Rempelei von hinten zu ignorieren. Das schont die Nerven. Nach dem dreisten Diebstahl ließen wir unseren Wagen jedenfalls nicht mehr aus den Augen und konnten weitere Zwischenfälle verhindern.

Nach dem Kassenbereich gibt es übrigens auch im chinesischen Ikea den Lebensmittelshop und Hotdogs. Die scheinen der absolute Renner zu sein, die Schlange an der Kasse war bestimmt 50m lang. Wer noch die Kraft hat, dort durchzuhalten, dem gebührt großer Respekt. Wir gehören nicht dazu und schnüren die bekannten blauen Tüten und freuen uns, in ein überteuertes – aber deswegen wenigstens sofort verfügbares – Taxi zu steigen und dem Drama zu entschwinden.
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Regen in Shanghai

Wenn es regnet in Shanghai, dann ist was los. Bei dem kleinsten Nieselregen werden die FallRegenschirme aufgespannt, denn Wasser von oben ist gefährlich! Nach meinen Erfahrungen bisher ist eher das Gegenteil der Fall, denn der Regen reinigt die Luft. Man kann das sehr schön am Air Quality Index ablesen, den wir als besorgte Expats natürlich genau im Auge haben. Fällt Regen, sinkt die Feinstaubbelastung in der Stadt und wir können besser atmen.

Zurück zu den Regenschirmen: Wirklich jeder hat einen und wenn nicht, tauchen von irgendwoher plötzlich Händler auf, die ihr Geschäft wittern. Meisten stehen sie vor den Metrostationen, wo sie normalerweise Taschentücher, Zigaretten und anderen Kleinkram verscheuern. Jetzt eben billigste Regenschirme, die vermutlich nur einen Schauer überstehen.

So weit, so serviceorientiert. Doch es gibt ein Problem, so man keinen Schirm sein eigenen nennt, wie ich. Und wenn der Regen bloß so nieselig bleibt, möchte ich auch keinen. Den müsste ich ja rumschleppen und eine Murse (male purse, Handtasche für Männer) dafür anzuschaffen, kommt mir auch nicht in den Sinn. Das Problem besteht also darin, unbeschadet durch eine mit Schirmen bewaffnete Menschenmenge zu gelangen. Wäre man sehr klein, könnte man einfach drunter durchlaufen. Wäre man sehr groß, würden die Schirme an den Schultern zerschellen. Ich aber habe genau die richtige Größe, um die Schirme ins Gesicht zu bekommen. Und das mag ich nicht. Bei Regenwetter gleicht mein Fortkommen daher einem Spießrutenlauf.

Ein interessantes Novum habe ich in Verbindung mit Regenschirmen aufgetan: die Schirmkondome. Es scheint nicht schicklich, eine Shoppingmall oder ein Geschäft mit tropfenden Schirm zu betreten. Die findigen Chinesen verteilen deswegen an den Eingängen passend geformte Plastiktüten, um diese über den Schirm zu stülpen. Auch eine maschinelle Variante des Tütenverteilers ist uns schon begegnet (siehe Bild). Leider schafft es so mancher Zeitgenosse trotz großer Schirmordnung nicht, die Tüte entsprechend zu entsorgen. Bei einigen Eingängen könnte man deshalb meinen, es hätte ein großes Quallensterben gegeben. Pfui.

Die gediegene Verbesserung der Kondomidee ist der Schirmhalter. Eigentlich nichts Neues – nur liefe man bei 1,3 Milliarden Menschen Gefahr, sein gutes Stück nicht mehr mit nach Hause zu nehmen. Daher gibt es Vorrichtungen mit Schloss. Richtig – ein Schloss für jeden einzelnen Schirm. Das nenn ich innovativ! Für den Fall, dass ich mir doch noch einen zulege, reserviere ich schonmal einen Platz an meinem Schlüsselbund!

Guten Schauer! Der Frühling möge kommen!

Update: Heute morgen gießt es richtig ordentlich und muss ein paar Minuten auf unseren Bus warten. Die Anschaffung eines Schirmes wird wahrscheinlicher (Knirps?).

 

Was bisher geschah…

Zeit für ein Update! Seit unserer Wiederkehr vom Neujahrsurlaub auf dem Land ist Einiges ins Rollen gekommen:

Aufenthalt genehmigt!
Die Meldebehörde hat uns eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung bescheinigt. Diese Genehmigung hat uns den obligatorischen Gesundheitscheck, einen Nachmittag und den darauf folgenden Vormittag bei der Behörde und zwölf (!) Passfotos pro Person gekostet.

Lernen, lernen, nochmals lernen!
Mein Chinesisch-Kurs ist angelaufen. Die Sprachschule, die ich vor dem chinesischen Neujahr angeschrieben hatte, kam nach demselben unheimlich schnell in die Puschen und hat mich gleich in den nächsten Kurs gesteckt. Da sitze ich nun jeden Vormittag (bis auf den Behördenvormittag) und gebe mein Bestes, Sinn aus den fremd klingenden Lauten herauszuhören. Eine Lektion in Frustrationstoleranz, der ich mich gern stelle.

Neue Bleibe!
Und: Wir haben heute Nacht die erste in unserer neuen Wohnung vor uns! Auch das ging ganz flott, schneller als ursprünglich angekündigt. Wir sind in der ausgewählten Butze, mit angenehmer Fußbodenheizung, im dritten Stock eines nur sechsstöckigen Hauses, mit auch chinesischen Hausbewohnern, eine Minute von der nächsten Metro-Station und – was mich sehr freut – nur zehn Minuten von einem vegetarischen Restaurant entfernt (zum Thema „Vegetarisch essen in China“ plane ich einen extra Beitrag). Wir haben heute schon einen größeren Ausflug zu Ikea Shanghai hinter uns und haben das Gröbste für die Wohnung jetzt schon hier. Wenn wir jetzt noch die frisch gewaschene Bettwäsche aus dem gemeinen Trockner befreien können, steht dem Glück des Schlafens nichts mehr im Weg. Yeah. Gut Nacht.
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