Futako Tamagawa Rise Tower West 2401

so heisst unsere neue Adresse an Tokios Stadtgrenze (Goole Maps: https://goo.gl/maps/kkYC53GjESQ2 Google Earth Ansicht empfehlenswert). Daneben liegt Kanagawa, je nach Wikipedia-Eintrag a) eine Präfektur, deren Verwaltungssitz die Stadt Yokohama ist und die eine bilaterale Partnerschaft mit Baden-Württemberg pflegt oder b) einer von 18 Stadtbezirken (Ku) der Stadt Yokohama. Das sei hier nur erwähnt, um Euch ein Häppchen unserer Verwirrung zum Kosten zu geben.

Das vergangene Wochenende stand ganz im Zeichen des Einzugs. Am Samstag sind der Gasmann, unsere sechs riesen Umzugskisten aus Shanghai, unsere Fahrräder, eine Ikea-Lieferung und gebraucht gekaufte Waschmaschine und Kühlschrank allesamt ordnungs- und termingemäß angeliefert worden. Außer uns hat jeder, der unsere Wohnung betreten hat, seine Schuhe an der Schwelle abgestreift, ob die Person jetzt ein dickes Paket balancieren musste oder nicht.

Wir schufteten bis nach Sonnenuntergang (ca. 18 Uhr) um unsere neue Schlafstätte zu errichten. Davor wäre es auch zu heiß gewesen, denn dank Westausrichtung genießen wir Nachmittagssonne, dass man denkt, man bräuchte Sonnenbrillen.

Die Wohnung ist super, hier ein paar Highlights:
1. Über eine Gegensprechanlage lassen sich Wünsche aus der Badewanne an die Küche übermitteln.
2. Ein Raum dient einzig dem Zweck der Verrichtung der Notdurft.
3. Ja, man kann sich dort auch den Hintern abspritzen lassen.
4. Die Türsprechanlage warnt vor Erdbeben.
5. Beim Eintreten sorgt ein Bewegungsmelder für Licht und Orientierung.
6. Eine Fensterfront zeigt uns das Treiben am Tama-Fluss und an umliegenden Verkehrswegen (für Stauauskünfte bitte anrufen 06055-8932512)

Folgend ein paar Bilder von unserem Umzug:

Die Zwischenzeit


Zur Illustration für die, die die Geographie um Tokio vielleicht gerade nicht präsent haben: Mittig unten der blaue Punkt ist Yokohama, da wohnen wir gerade. Bei der roten Markierung ist ab Mai Christians Büro und etwa ab da wo Shibuya steht, wird Tokio besonders interessant.

Wir wohnen zur Zeit übergangsweise in einer Art Ferienwohnung in der Nähe von Yokohamas Hafen. Eine schöne Sache, da wir am Meer spazieren oder joggen gehen können, um unsere Shanghai-geplagten Lungen durchzulüften und tief durchzuatmen. Aber es ist eben nur ein zwischenzeitliches Zuhause, wir sind – natürlich – auf der Suche nach einer dauerhaften Bude, deren Verkehrsanbindung strategisch möglichst gut zwischen Tokios Zentrum und Christians neuer Arbeitsstelle liegt. Auch unsere Umzugskisten aus Shanghai befinden sich in einer Interimssituation. Sie übernachten zur Zeit beim japanischen Zoll und die Umzugsfirma fragt schon jeden Tag an, wo sie die Kisten nach der Zollabfertigung denn hinliefern darf.

Die derzeitige Situation ist uns vertraut und gleichzeitig nicht. Wir sind angekommen, aber noch nicht ganz da. Wir sind wieder fünf Jahre alt, verstehen das meiste noch nicht so ganz, können nichts lesen und haben nur eine ungefähre Ahnung davon, wie die Dinge funktionieren und der Hase läuft. Während Christian schon fleißig am Arbeiten ist, lerne ich Japanisch und die Gegend kennen. So ähnlich wie vor etwas mehr als zwei Jahren in Shanghai.

Sakura Forecast

Die Kirschblüten (Sakura) übrigens markieren auch so eine Zwischenzeit, der Frühling ist angekommen, aber noch nicht ganz da. Ganz Japan freut sich an ihnen, es gibt sogar eine offizielle Blühvorhersage (hier von http://www.japan-guide.com/sakura), so dass Interessierte die 10 Tage andauernde kostbare Sakura-Zeit in ihrer Gegend nicht verpassen. Wie Ihr seht, hat Tokio seinen Zenit in der Zwischenzeit schon überschritten.

 

Drei (B)Engel für Shanghai

Wir hatten Besuch! Christians Bruder Mark hat uns mit seinen Kindern Jana und Elias beehrt. Zu ihrem Aufenthalt bei uns haben wir die Kandidaten getrennt voneinander befragt.

Auf der Mauer, auf der Lauer...
Auf der Mauer, auf der Lauer…

Was war das Highlight eures Besuchs?
a. in Shanghai
b. in Beijing

Jana, Shanghai: das Schokoladenmuseum (eine Zweigstelle der österreichischen Zotter-Schokoladenfabrik, die erstaunlich erfolgreich darin ist, handgeschöpfte Bio- und Fairtrade-Schokoladen in China zu vermarkten)
Beijing: Die Rodelfahrt runter von der chinesischen Mauer. Ja, es gibt wirklich eine Sommerrodelbahn dort (übrigens von der dt. Firma Wiegand).

Ende der Schlittenfahrt
Ende der Schlittenfahrt

Elias, Shanghai: Der Besuch des Mister X Mystery House (eine Art Rätselhaus: Man wird als Gruppe in ein Zimmer gesperrt und muss sich mit Hilfe der im Raum befindlichen Hinweise und Gegenstände und mit viel Teamwork befreien)
Beijing: Nochmal Sommerrodelbahnfahrt. Nicht doch vielleicht die U-Bahn?!

Mark, Shanghai: der Bund (die Flaniermeile mit Blick auf die alte und neue Skyline der Stadt), das Essen. Und in letzter Sekunde noch eingetroffen: der schwindelerregende Glasgang auf dem Oriental Pearl Tower (unter den eigenen Füßen 263 m gähnende Leere).

Der Bund
Der Bund

Beijing: Die Mauer und die Verbotene Stadt

Vor der Verbotenen Stadt
Vor der Verbotenen Stadt

Das Nervigste?
Jana: Das schrille Hupen
Elias: Das viele Hupen und der Feinstaub
Mark: Alles ist übervoll und laut.

Was magst du besonders am chinesischen Essen?
Jana: Dass immer so viele Gerichte auf den Tisch kommen, es ist immer für alle was dabei.
Elias: Dumplings!
Mark:Das Leckerste war auf jeden Fall nicht der Frosch. Es waren zu viele Sachen, um sich festzulegen.

Chinesisch futtern

Könntest du hier leben?
Jana: Nein, es ist zu voll, es gbt zu viele Menschen, das Essen in Deutschland schmeckt mir besser und die Toiletten sind schlimm.
Elias: Nein, zu voll, zu groß, zu viele Leute. Aber eher noch Shanghai als Beijing.
Mark: Nie. Es gbt zu viele Menschen, es ist zu groß und viel zu wenig grün.

In Shanghai auf dem Boot
In Shanghai auf dem Boot

Was ist das Wichtigste, das du mitnimmst?
Jana: Ungefähr 1.500 Handyfotos.
Elias: Die Beats. Ein gängiges Produkt aus dem hiesigen Fakemarket-Eldorado (Kopien, die den Erfinder ehren!).
Mark: Die Erkenntnis, dass das System hier nichts mit Kommunismus und alles mit Kapitalismus zu tun hat. Und den Kontrast zwischen der Glitzer-Glas-Welt und die erbärmlichen Verhältnisse in den kleinen Gässchen daneben.

 

Großstadtdschungeltipps

Da wir bald Besuch bekommen, mache ich mir schon Gedanken, welche Tipps und Empfehlungen einem in Shanghai weiterhelfen können:

1. Bewegt euch in Rudeln. Geht nur über die Strasse, wenn eine größere Gruppe Chinesen das auch tut. Den Ampeln ist nicht zu trauen. Bussen ist immer aus dem Weg zu gehen.

2. Schaut, in welche Richtung die Metro fährt. Steigt ganz vorne ein, da ist am wenigsten los.

3. Wenn ihr nicht vor jeder einzelnen Metrofahrt eure Taschen oder Rucksäcke durch das Röntgengerät schieben möchtet, lasst die Kontrolleure einfach einen kurzen Blick in euer Gepäckstück werfen. Das reicht meistens und ihr habt euch kooperativ gezeigt.

3. Auch wenn das dem allgemeinen Mobilgeräte-Autismus entgegen kommt: Für längere Metro-Fahrten ist es toll, sich ein bisschen auszuklinken und gute Musik über Kopfhörer zu hören. Und ich hab immer ein Fläschchen Parfum oder Handcreme dabei – auch geruchlich möchte ich mich ab und zu mal ausklinken.

4. Wenn euch auf dem Fake Market ein Preis angeboten wird: Zahlt maximal die Hälfte des erstgenannten Preises, eher ein Drittel. Und egal was sie sagen: Die Händler sind nicht “your friends”. Wenn verbale Verhandlungen nicht weiterführen: einfach weggehen, spätestens dann kommt man euch preislich entgegen.

5. Wenn ihr mit dem Taxi fahren wollt, steigt zuerst ein und sagt dann, was ihr wollt. Manchen ist die Strecke zu kurz oder das Kommunizieren zu anstrengend. Druckt euch die Adresse am besten vorher in chinesischen Zeichen aus oder lasst sie euch aufschreiben. Die wenigsten Taxifahrer werden euch verstehen.

6. Es ist leichter, an dem kleinen Wok-Ständchen auf der Straße ohne Englisch und Chinesisch klarzukommen als in einem kleinen Restaurant. Das Essen an den Ständen ist lecker und frisch und die Händler verstehen durch Zeigen, was die Kundin essen möchte.

7. Habt immer eine Packung feuchte Tücher dabei.

Die Strategen

Folgend stellen wir zwei unterschiedliche Kommunikationstypen beim Erfragen von Informationen auf Chinesisch dar. Ein kleines Rätsel für Euch: Wer von uns beiden ist welcher Typ?

Typ 1: Der Rumpler. Schnell, spritzig und unvorbereitet in die Konversation reingehen, Hände und Füße unterstreichen das intensive Bemühen. Vorteil: Geht ziemlich oft gut, was auch an der Beharrlichkeit und dem Charme dieses Typs liegt. Nachteil: Bei komplexen Sachverhalten geht es auch ab und zu mal schief. Die Gesprächspartner wenden sich ungeduldig ab und dem Zauderer zu.

Typ 2: Der Zauderer. Die erforderlichen Wörter werden auf dem Handywörterbuch rausgesucht, um zu einem möglichst korrekten Satz verbunden zu werden. Vorteil: Wird häufig verstanden, die Gesprächspartner freuen sich über das Bemühen. Nachteil: Unerwartete Nachfragen ziehen aufwendiges Suchen im Handy nach sich. Die Gesprächspartner wenden sich ungeduldig ab. Der Rumpler springt ein.

Viel Spaß beim Raten! C+A